Besondere Einblicke

Das "schöne Heiligtum": Die Hauskapelle im "Straubinger Tagblatt"

Das Gebäude, in dem die Zeitungsmacher in Straubing arbeiten, ist etwas besonderes: Vor allem wegen der kleinen Kapelle, die sich im Inneren des Hauses befindet.


Diese Abbildung des dornengekrönten Christus unter dem Kreuz findet sich in der Hauskapelle am Ludwigsplatz im westlichen Bogenfeld.

Diese Abbildung des dornengekrönten Christus unter dem Kreuz findet sich in der Hauskapelle am Ludwigsplatz im westlichen Bogenfeld.

Von Redaktion Straubing Stadt

Welcher Zeitungsverlag kann sich schon rühmen, eine eigene Hauskapelle zu besitzen, noch dazu eine kunstgeschichtliche Kostbarkeit? Im rückwärtigen Teil des Straubinger Verlagsgebäudes führt eine Tür im zweiten Stock nicht in nüchterne Büroräume, sondern entführt in eine mystische Welt - voller Heiliger, Blumen, Blätter, Früchte, Ranken.

Als Georg Huber 1926/1929 zwischen Ludwigsplatz und Rosengasse sein neues Verlags- und Betriebsgebäude errichten ließ, hatte er eine Auflage der Denkmalpflege zu erfüllen: Beim Abbruch des alten Hauses musste die Hauskapelle an Ort und Stelle erhalten werden. Sie war 1645 von dem damaligen Hausbesitzer Simon Höller errichtet worden.

Simon Höller verteidigte die Stadt tapfer

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Unterfangung der Kapelle beim Neubau des Verlagsgebäudes, 1926

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Heilige Katharina von Alexandrien, Altarbild von Cosmas Damian Asam, 1713

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Das geschnitzte Wappen Höllers am Plafond der Kapelle.

Der Apotheker und Bürgermeister Höller (1601-1675) gehört zu den bekanntesten Persönlichkeiten Straubings. Seit 1651 hatte er das Amt des Stadtoberhaupts inne. Auch eine Straße, die in der Straubinger Innenstadt nahe des Rathauses verläuft, ist nach ihm benannt. Bei der Belagerung Straubings durch die Schweden im Dreißigjährigen Krieg verteidigte er die Stadt tapfer, kümmerte sich zudem aufopferungsvoll um die medizinische Versorgung der Bewohner und Soldaten in dieser von Seuchen geplagten Zeit. Zugleich war er der "Catholischen Religion, darin ich geboren, leben und sterben will", wie er einmal bekundete, zutiefst verbunden.

Zahlreiche Stiftungen, zum Beispiel für die Stadtpfarrkirche St. Jakob, zeugen von seinem Glauben und Kunstsinn. 1641 wurde er in den Reichsadelstand erhoben und erhielt ein Wappen, gehörte damit zum Straubinger Patriziat. Da er seit längerem an Gicht litt, also "bettrissig" war, und das Haus oft nicht verlassen konnte, ließ er aus "sonderbahrer Devotion und Andacht" eine kleine Hauskapelle "formieren, erpauen und mit denen nothwendtigen Paramentis versehen". Es entstand "das aufwendigste Beispiel der einst zahlreichen Straubinger Privatkapellen", wie der Kunstführer Dehio urteilte. Von den etwa 25 Hauskapellen im Stadtzentrum Straubings gibt es heute nur mehr drei. Die Kapelle ist eigentlich "nur" ein fast quadratisches Zimmer von etwa 40 Quadratmeter, über dem sich eine hohe achteckige Kuppel - als Verbindung des Irdischen mit dem Himmlischen - erhebt.

Sie ist reich stuckiert, wohl von einem Meister aus Italien. In den Heiligenfiguren finden sich Bezüge zur Stadt und zur Familie Höller. Die Stifter aller religiösen Ordensgemeinschaften, die damals in Straubing und Umgebung ansässig waren, sind vertreten: Simon Stock repräsentiert die Karmeliten, Benedikt die Benediktiner, Ignatius von Loyola die Jesuiten, Franziskus die von Höller besonders verehrten Kapuziner.

Die Namenspatrone Simon Zelotes und Rosina verweisen neben dem Höllerschen Wappen auf das Besitzerpaar der Kapelle. Jesus, der unter dem Kreuz zusammenbricht, Johannes der Täufer, die Gottesmutter Maria vervollständigen das theologische Konzept. Die Kapelle atmet den Geist Höllers: Sie ist mit ihrem Heiligenprogramm und der überbordenden Fülle an Stuckdekor ein Ausrufezeichen der Gegenreformation und zugleich ein intimes Glaubensbekenntnis "um der Seele heil willen"; sie zeugt aber auch vom Repräsentationsbedürfnis und Selbstbewusstsein, ja fast von der Prunksucht eines schillernden Straubinger Bürgers.

Rätsel um den Altar in der Kapelle

Rätsel gibt der Altar auf, der auf die Zeit um 1620 bis 1640 zu datieren ist. Das Altarbild hingegen wurde 1713 von dem bekannten Maler Cosmas Damian Asam angefertigt. In Auftrag gab es der fromme und reiche Gastwirt und Bürgermeister Ulrich Oberhofer, der das Anwesen von den Erben Höllers gekauft hatte. Es zeigt die Märtyrerin Katharina von Alexandrien als Patronin der Schüler, Lehrer, Theologen, Philosophen und Gelehrten. Ihr ist diese Kapelle auch gewidmet. Ein besonderes Kapitel in der Geschichte der Hauskapelle begann, als der protestantische Kaufmann Ludwig Rall 1840 das Gebäude erwarb. Denn ausgerechnet der Raum, der ein intensives katholisches Glaubensbekenntnis war, wurde für die kleine, neu entstehende evangelische Glaubensgemeinschaft zum Gebetsmittelpunkt. So fand am 13. März 1842 hier der erste evangelische Gottesdienst statt - nach der Vertreibung der Protestanten aus Straubing im Jahr 1562. Verleger Georg Huber, der das Anwesen von der Familie Rall erworben hatte, ließ die Kapelle beim Neubau des Verlagsgebäudes grundlegend renovieren. Sein Gesuch, die Kapelle wieder sakral nützen zu dürfen, wurde vom bischöflichen Ordinariat genehmigt, "da dieselbe nicht bloß ein würdiger Ort in würdiger Umgebung ist, sondern die Gesinnung der Familie Huber auch die Garantie bietet, dass der Ort stets würdig gehalten und das hl. Opfer stets in würdigster Weise dargebracht wird". Die in den 1970er Jahren sanierte Kapelle wird heute noch zu gelegentlichen Andachten genützt. Das "schöne Heiligtum", wie der Regensburger Bischof Michael Buchberger die Kapelle bei der Einweihung des Verlagsgebäudes 1929 rühmte, überrascht und beeindruckt ihre Besucher - es ist ein stadt-, kunst- und glaubensgeschichtliches Kleinod Straubings.

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Literaturhinweis: Alfons Huber, "Die schönste unter den Straubinger Hauskapellen", in: Cl. Attenkofer'sche Buch- und Kunstdruckerei von 1860 bis 2010. 150 Jahre Straubinger Tagblatt. Eine Chronik, Straubing 2010, S. 199-230.

Maiandacht in der Hauskapelle in Straubing

(fun) Anlässlich des 175-jährigen Jubiläums der „Mediengruppe Attenkofer“ findet am Dienstag, 14. Mai, um 18 Uhr in der Hauskapelle des Verlagshauses am Straubinger Stadtplatz eine Maiandacht mit Pater Martin von der Pfarrei St. Jakob statt.Weil die Kapelle am Ludwigsplatz sehr klein ist, können maximal 25 Personen daran teilnehmen. Außerdem gibt es nur Stehplätze, und der Zugang ist nicht rollstuhlgerecht. Interessenten können sich im Leserservice des „Straubinger Tagblatts“ (Telefon 09421/940-6700) anmelden. Vor der Maiandacht gibt die ehemalige Stadtarchivarin Dr. Dorit-Maria Krenn eine kurze Einführung in die sehr sehenswerte Hauskapelle.Wer sich keinen Platz für die Maiandacht sichern konnte, hat am Freitag, 17. Mai, ab 15 Uhr die Möglichkeit, die sonst für die Öffentlichkeit nicht zugängliche Kapelle im Rahmen von Führungen durch Dr. Dorit-Maria Krenn zu besichtigen. Die ehemalige Stadtarchivarin bietet insgesamt vier jeweils 20-minütige Führungen an. Aus Platzgründen können jeweils 25 Personen an den Führungen teilnehmen. Interessenten können sich auch für die Führungen im Leserservice des „Straubinger Tagblatts“ (Telefon 09421/940-6700) anmelden.Werner Schäfer schreibt über die Kapelle in seiner Kunstgeschichte der Stadt Straubing: „Simon Höller ließ 1645 seine Hauskapelle im heutigen Gebäude des Straubinger Tagblatts am Ludwigsplatz mit einer reichen Stuckdekoration versehen. Aus einem Raum für die private Frömmigkeit wurde ein Zeugnis des bürgerlichen Repräsentationsbewusstseins (...). Auf fast quadratischem Grundriss, mit zwei Jochen und mit Zimmergröße wurde die Höller-Kapelle zur schönsten und aufwändigsten unter den einst etwa 25 Sakralräumen dieser Art in Straubing. Nicht zuletzt wurde sie der erste kirchliche Kuppelbau in der Neustadt, ermöglicht durch die Lage im zweiten Obergeschoss.“


Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Beilage "175 Jahre Mediengruppe Attenkofer".