Kritik an Robert Habeck

Wirtschaftsinstitute zerpflücken Heizungspolitik

Die eigens vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragten Ökonomen lassen kaum ein gutes Haar an der Strategie des Ministers. Das grüne Wachstumswunder sei eine Illusion.


Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck müssen sich viel Kritik von Ökonomen anhören.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck müssen sich viel Kritik von Ökonomen anhören.

Ein neues Wirtschaftswunder durch den Umbau des Landes auf grün? Robert Habeck sagt "Ja". Der Bundeswirtschaftsminister spricht von "einem gigantischen Industrie- und Beschäftigungsprogramm, das wir hier anschieben".

Die Ökonomen, die in seinem Auftrag die Konjunkturprognosen erstellen, sagen "Nein". Habeck wird in ihren Augen nicht der neue Ludwig Erhard.

Bei der Vorstellung der neuen Zahlen zur Wirtschaftsentwicklung nehmen sie das Wachstumsversprechen des Grünen-Politikers auseinander. Der Direktor des Instituts für Weltwirtschaft aus Kiel (IfW), Stefan Kooths, begründet seine Skepsis damit, dass die bestehenden Fabriken und Kraftwerke lediglich umgebaut oder ersetzt werden. "Wir bauen in großem Stil die Produktionskapazitäten um, aber keine neuen auf. Es werden nicht mehr Güter."

Künstlich angestachelte Nachfrage nach Wärmepumpen

Der Konjunkturchef des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, Oliver Holtemöller, nimmt sich das vergangene Woche beschlossene Heizungsprogramm Habecks vor. Es sieht vor, dass ab nächstem Jahr der Einbau von neuen Öl- und Gasheizungen verboten wird. Staatlich geförderte Wärmepumpen sollen an ihre Stelle treten.

Das Problem aller dieser Förderprogramme, erklärt Holtemöller, sei immer das Gleiche. "Sie sind nicht zielgenau." Der Wirtschaftsprofessor Timo Wollmershäuser vom Münchner Ifo-Institut sagt voraus, dass die künstlich angefachte Nachfrage nach Wärmepumpen die Preise werde steigen lassen - sowohl für die Geräte als auch für den Einbau durch die Klempner.

Besser auf CO2-Preis setzen als auf kleinteilige Vorgaben

Die Bundesregierung solle bei der Energiewende verstärkt auf den Preis setzen und auf kleinteilige Vorgaben verzichten, verlangte Wollmershäuser. Damit spielt er darauf an, dass die Kosten für den Ausstoß von Kohlendioxid in den nächsten Jahren - politisch gewollt - steil ansteigen sollen. Wer mehr CO2 in die Luft bläst, muss mehr bezahlen und hat den größten Anreiz, zum Beispiel eine moderne Heizung einzubauen.

Die drei Ökonomen hatten aber keine Antwort darauf, was passiert, wenn durch den CO2-Preis das Heizen so viel kostet, dass es Hausbesitzer und Mieter überfordert. In der Vergangenheit hat dann noch jede Bundesregierung ein Hilfsprogramm geschnürt, wie zum Beispiel die Strom- und Gaspreisbremse.

Potenzialwachstum lässt nach

Sorgenvoll blicken die Experten auf die schwächer werdende Kraft der deutschen Wirtschaft. Ende des Jahrzehnts wird sie ihrer Schätzung zufolge nur noch ein Potenzialwachstum von einem halben Prozent schaffen. Damit verfügt sie nur noch über rund ein Drittel der einstigen Stärke.

Das Potenzialwachstum gibt an, wie stark die Wirtschaft bei normaler Auslastung pro Jahr zulegt. Die Wirtschaft kann dennoch mehr Fahrt aufnehmen, wenn zum Beispiel das Ausland viele Produkte "made in Germany" kauft und die Auslastung am oberen Rand liegt.

Tempo einer Pferdekutsche mit weniger immer Pferden

Wichtigster Grund für die nachlassende Dynamik ist die Alterung der Gesellschaft und der sie begleitende Mangel an Arbeitskräften. "Die Wachstumsaussichten für die deutsche Wirtschaft gleichen dem Tempo einer Pferdekutsche, bei der die Zahl der Zugtiere zurückgeht", malt Kooths ein Bild.

Er und seine Kollegen raten dennoch davon ab, die Konjunktur durch milliardenschwere Förderprogramme anzuschieben. Die wirkten wie "Peitschenhiebe" mit nur kurzfristigen Effekten. Stattdessen plädieren sie für eine solide Finanzpolitik unter dem Regime der Schuldenbremse, wie es Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) anstrebt.

Womöglich größere Spielräume für die Bundesregierung

Für ihn wie für die gesamte Bundesregierung ergeben sich in den nächsten Monaten womöglich größere finanzielle Spielräume. In ihrer Gemeinschaftsdiagnose sagen die Konjunkturdeuter nun ein Wachstum von 0,3 Prozent im laufenden Jahr voraus. Im Herbst hatten sie noch einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent prognostiziert. Wächst die Wirtschaft, nimmt der Staat mehr Geld ein.

Größtes Risiko für die zarte Erholung sind laut der Diagnose weiter fallende Immobilienpreise, die den Banken Probleme bereiten könnten. Um das rapide Fallen der Bauindustrie zu bremsen, fordern die Forscher die Senkung der Grunderwerbsteuer.